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Bolzplatz

Die Krux mit der Norm, oder: Gleichberechtigung beginnt im Fussball auch auf der Tribüne

Was passiert mit dem Umsatz einer Fussballkneipe, wenn auf den Bildschirmen keine Männer über den Rasen sprinten? Spoiler: wenig. Didi-Kolumnist Rafi Pfister findet: Die Norm «Fussball = Männersport» gehört auch in Basel endlich durchbrochen und schlägt ü̶b̶e̶r̶r̶a̶s̶c̶h̶e̶n̶d̶e̶ logische Massnahmen vor.

02/14/20, 04:50 AM

Aktualisiert 02/14/20, 10:23 AM

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Fussball, der von Frauen* gespielt wird, wird in der Öffentlichkeit noch viel zu wenig wahrgenommen.

Fussball, der von Frauen* gespielt wird, wird in der Öffentlichkeit noch viel zu wenig wahrgenommen.

Wir zeigen im Didi Offensiv eher selten Fussballspiele, bei denen Frauen* auf dem Platz stehen. Ausser während Grossanlässen. Spiele der Frauen-WM 2019 haben wir ziemlich viele gezeigt, aber siehe da: Das Didi war praktisch immer gähnend leer. 

Fussball, der von Frauen* gespielt wird, findet in der breiten Öffentlichkeit nach wie vor kaum statt. 

Ein weiteres Didi-Beispiel dafür? Im November 2019 zeigten wir das EM-Qualifikationsspiel der Schweizer Nationalmannschaft gegen Rumänien. Anzahl Zuschauer*innen: 2. Multiplizieren wir diese Zahl mit dem Faktor 20, erhalten wir die Anzahl der Zuschauer*innen, die bei einem durchschnittlichen EM-Qualifikationsspiel der Männer* bei uns in der Beiz sitzen.  

Wir blicken im Didi Offensiv mittlerweile auf sehr viele spannende Anlässe zurück, bei denen Fussball im Fokus stand, der von Frauen* gespielt wird. Meine persönlichen Highlights sind zum Beispiel der Talk mit Spieler*innen des FC Basel und ein Podium mit Lara Dickenmann, Spielerin des VfL Wolfsburg, und der SRF-Journalistin Seraina Degen im Juni 2019.

Der erste Anlass war leider schlecht besucht, der zweite Anlass dafür ganz ordentlich. Insbesondere der Abend mit Dickenmann und Degen darf meiner Meinung nach als Beispiel dafür gelten, dass das Thema «Frauenfussball» keine Randerscheinung sein muss, sondern durchaus viele Leute anzieht und interessiert.

Aber kann man Interesse erzwingen?

Ich glaube: Nein. Was man aber sehr wohl anstreben könnte, wäre eine Verbesserung der Rahmenbedingungen. Hier stellt sich aber die zynische Frage: Ist man auf höchster Ebene wirklich willig, grundlegende Änderungen voranzutreiben? 

Zweifel sind angebracht. Ich möchte in diesem Zusammenhang auf den schwedischen Dokumentarfilm «Football for better or for worse» hinweisen, den wir im Januar 2020 im Didi gezeigt haben. Darin geht es um den erfolgreichen Fussballverein FC Rosengard und seine Probleme, die ihn im professionellen Fussball plagen. Der Geschäftsführer, Klas Tjebbes, bringt das so auf den Punkt:

«Die UEFA ist ein Haufen alter Männer. Manchmal bin ich sehr pessimistisch. Sie werden nie verstehen, weshalb es grundsätzlich so wichtig ist, Mädchen und Jungs die gleichen Möglichkeiten zu schaffen. Sie sind so fixiert darauf, dass Männer die Norm sind. (...). Das Geschlecht kommt ins Spiel. (...) Männer sehen Männer als Norm und die Frauen müssen die Norm anpassen. Das ist völlig verkackt.»

Die Normalität beginnt mit dem Getränkeausschank

Normen werden in der Gesellschaft ex negativo, also unter ständiger Wiederholung dessen, was etwas NICHT ist, hergestellt. Das sieht man zum Beispiel an der abwertenden Konnotation des Begriffs «Frauenfussball». Dabei wird die Abweichung von der Norm des Spiels, nämlich einfach Fussball, womit natürlich Männerfussball gemeint ist, direkt mitgesagt. Ich versuche darum möglichst oft auf den Begriff Frauenfussball zu verzichten, weil er die Norm aufrechterhält. 

Es braucht solche bewussten Änderungen, um Normen zu brechen. Auch im Fussball. 

Wir bemühen uns im Didi Offensiv sehr, dass wir die gesamte thematische Breite des Fussballs abdecken. Wir führen auch viele spannende Gespräche über Fussball, der von Frauen* gespielt wird. Es reicht aber eben nicht, wenn man nur redet und fordert. 

Und was könnte der FC Basel für den Fussball, der von Frauen* gespielt wird, tun? Ein erster Schritt wäre ganz einfach: Den Verkauf von Bier zulassen. Denn der Konsum des besten Fussballgetränkes ist auf dem FCB-Campus, wo die erste Frauenmannschaft spielt, nicht erlaubt. Das nervt mich sehr, denn bei den Männern* darf man Bier trinken und Bier gehört meiner Meinung nach zu einem guten Spiel einfach dazu. Punkt. Gleichberechtigung beginnt auch auf der Tribüne. 

Für morgen, Samstag, den 15. Februar, hätte ich eine gute Idee für all diejenigen, die mehr Aufmerksamkeit fordern. Die FCB-Frauen spielen um 17.00 Uhr und Gegnerin ist der FC Zürich. Was für eine Affiche!

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So schlugen sich die FCB-Frauen letzte Woche gegen YB:

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