In den Pampers direkt auf die Bühne – #SaliBajour

Wie lanciert man ein neues Medium? Wie wärs denn mit: Fragen aufwerfen, und mit interessanten Gästen darüber sprechen. Herzlich Hallo sagen, Händeschütteln, Anstossen, Apéro. Durchatmen und finden: Die ersten Gehversuche waren gar nicht so schlecht. Danke fürs Interesse!

Dumme Kinder - schlechte Schule

Bajour ist da. Naja, noch geht es in Kinderschuhen, aber am Dienstag, den 13. August ging die erste Veranstaltung über die Bühne. Vorab: Aufregung hinter den Kulissen! Das erste Stühlerücken im neuen Büro unter der Kuppel der Markthalle, das erste Mal in die Betriebssysteme einloggen, die ersten Tweets absetzen, das erste Mal laut räuspern – und dann stieg dieses Buschi Bajour aus der Wiege sozusagen direkt auf die Bühne und mit ihm die Frage:

«Dumme Kinder, schlechte Schulen – was ist los mit Basels Bildungssystem?»

Anlass zu diesem Thema war das Resultat eines nationalen Bildungsrankings vom Mai 2019. Und um es kurz zu machen: Die Schüler*innen Basel-Stadts sind laut amtlicher Umfrage in Sprachen und Mathe leider schlecht und belegten die letzten Plätze auf einer langen Liste von 26 (Halb-)Kantonen.

Im allgemeinen Medienspiegel wurde der Bildungsstandort Basel-Stadt folglich geschmäht: Von einem «katastrophalen Zeugnis» war da die Rede, oder von Basler Schüler*innen als «miesen Rechnern».

Was läuft schief in den Schulzimmern dieser Stadt?, fragen die einen. Oder: Läuft da was schief in den Hinterzimmern der Prüfinstanzen?, die andern. Beide Seiten waren eingeladen zum Start von Bajour ihre Meinung zu teilen.

Es diskutierten: Das Publikum. Eltern, ehemalige und aktive Lehrpersonen, Politiker*innen, die sich so zahlreich im Wohnzimmer der Markthalle versammelt hatten, dass sich die Gäste fast auf den Füssen standen. Volles Haus zum Start, damit hat man nicht rechnen dürfen. Danke an der Stelle für Ihre Neugierde, Ihre Stimme und Voten.

Bajour will diese Debatte. Die Redaktion will diesen Austausch. Die Zeit der Einbahnsendung ist vorbei.

Und es diskutierten die Podiumsgäste: Christina Schnellmann (Elterndelegierte Primarschule Brunnmatt), Dieter Baur (Leiter Volksschulen Basel-Stadt) David Mumenthaler (Schüler am Gymnasium am Münsterplatz) und Jean-Michel Héritier (Präsident freiwillige Schulsynode Basel-Stadt und Lehrer an der Primarschule Insel).

Über das wurde gesprochen:

  • Externe Leistungschecks an Basler Schulen. Konsens: Die können weg. Leistungschecks lassen Faktoren wie zum Beispiel das Nichtverstehen der Fragestellung einer Matheaufgabe ausser acht. Bei Lehrer*innen sind sie unbeliebt, mehr als drei Viertel von ihnen haben sich 2017 mit einer Resolution dagegen ausgesprochen.
  • Handlungsdruck. «Es schleckt keine Geiss weg, wir sind nicht so gut wie andere Kantone.» O-Ton Dieter Baur. «Wir diskutieren mit verschiedenen Institutionen, der kantonalen Schulkonferenz, Wirtschaftsverbänden, Schulleitungen, wie wir besser werden können». Ob die Checks wirklich leistungsfördernd sind, wird bis Herbst 2020 evaluiert.
  • Ganz aktuell: Die Verschärfung der Leistungstest an Basler Realschulen. Aussieben im Halbjahrerhythmus? «Halte ich für eine schlechte Idee», sagt beispielsweise Schüler David Mumenthaler, «ich habe viele Kolleg*innen, die sich nach einem Zwischentief mit schwachen Leistungen wieder gefangen haben. Politiker*innen vom linken (Beatrice Messerli, GB) bis ins bürgerliche Lager (Katja Christ, GLP) sind auch dagegen.
  • Den Bildungsbegriff. «Bildungsrankings tun so, als könne die Intelligenz von Schüler*innen in absoluten Zahlen gemessen werden», sagt Christina Schnellmann. «In der Klasse meines Sohnes wurde zuletzt ein Junge mit Migrationserfahrung integriert, das hat den Unterricht verlangsamt. Aber den Austausch und das Eingliedern dieses Jungen in die Klasse war eine Erfahrung, die sich nicht messen lässt. Ich halte das für unbedingt bildungsrelevant.»

Da bleiben wir dran:

  • Mehrfach wurde moniert (u.A. von Katja Christ), das Erziehungsdepartement betreibe mit seinen ständigen Minireformen eine Art Pflästerlipolitik für die Statistik. Was ist da dran? Und was soll das überhaupt heissen?
  • Was muss sich ändern, damit die Bildungsstrategie an Basler Schulen einem ganzheitlicheren Ansatz gerecht werden kann? Eltern, sowie Schüler*innen als auch Lehrer*innen stören sich an einem einseitigen Bildungsbegriff, der nur messbare Kompetenzen im Blick hat. Dieser Punkt wurde immer wieder und von verschiedener Seite aufgeworfen.

Nach der Veranstaltung liessen die Reaktionen nicht lang auf sich warten. Man habe sich «sich gut unterhalten gefühlt», kam zum Beispiel per Mail, aber es wurde zu lange «palavert». Na gut denn, das nehmen wir uns zu Herzen.

Wir sind insgesamt allerdings sehr für den gepflegten Diskurs und entsprechend, wie schon gesagt, für den Austausch zu haben. Zum Beispiel über das Thema Bildung und Schule, wie können wir dieses Feld weiter beackern? Sagen Sie es uns – kommen Sie mit uns ins Gespräch. Wir sind angewiesen auf Ihre Inputs, Sie sind die Expert*innen. Wir greifen Fragen auf und reichen sie weiter.

Wie gehts weiter mit Bajour? Auch das sagen wir Ihnen gerne und laufend! Wir sind erreichbar per Mail ([email protected]). Registrieren Sie sich ausserdem gerne für den 
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Schreiben Sie uns, wir hören. Und arbeiten nebenbei an unserem nächsten Debattenabend zum Thema «Frau Macht Politik - Basel hat die Wahl!» Wann? Ende September, wir geben das Datum baldmöglichst bekannt. Bis dann!

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