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Das Congress Center möchte keine Zensurberhörde sein

Zürich will ihn nicht, das Congress Center Basel erhofft sich von Louis C.K. ein volles Haus.

11/08/19, 02:15 PM

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Screenshot Eventfrog.ch

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Jonas Scharf ist ein wenig überrascht über den Anruf der Bajour-Redaktion. Der Leiter des Congress Center sagt: «Bis zu Ihrem Anruf kam ich nicht auf die Idee, dass der Auftritt von Louis C.K. ein grosses Problem werden könnte.»

Louis C.K., das ist der amerikanische Comedian, der zugegeben hat, seine Macht missbraucht und vor fünf Frauen masturbiert zu haben. «Ich werde mich nun zurückziehen und mir lange Zeit nehmen, um zuzuhören», schrieb er in einem Statement im November 2017.

Zehn Monate später betrat er erneut die Bühne. Einer seiner neuen Witze spielte direkt auf die sexuelle Belästigung an: «Ich hole mir gerne einen runter und ich bin nicht gerne alleine», sagte Louis C.K. laut amerikanischen Medien.

Nicht mit uns

Das kann man natürlich machen. Aber nicht überall: Eigentlich sollte Louis C.K. im Zürcher Volkshaus auftreten, doch das Volkshaus sagte ihm in letzter Sekunde wieder ab, schreibt «20 Minuten». Franz Cahannes, Volkshaus-Geschäftsleiter, sagte gegenüber dem «Tages-Anzeiger» (Paywall): «Wir haben uns über Louis C.K. informiert und entschieden, dass wir uns nicht im Spannungsverhältnis von sexuellen Übergriffen bewegen wollen.» Das sei gängige Praxis. Auch die Maag-Halle erteilte ihm aufgrund seiner «Inhalte» eine Absage.

Anders das Congress Center in Basel, das zur MCH Group (Messe) gehört. Weil’s in Zürich nicht klappte, tritt Louis C.K. am 26. November nun hier auf. Das sorgte unter Schweizer Kulturschaffenden in den sozialen Medien für Reaktionen.

Zwar haben sich auch die Basler Gastgeber Gedanken zum Comedian gemacht. «Wir machen bei jeder Anfrage eine Risikoabwägung», sagt Jonas Scharf vom Congress Center. Sein Team kläre ab, ob der Veranstalter und sein Programm legal seien und ob es sich um eine professionelle Organisation handle. «Illegalen Gruppierungen oder Veranstaltern, bei denen wir anzweifeln, dass sie eine Veranstaltung professionell aufziehen, vermieten wir unsere Räumlichkeiten nicht.»

Weiterer Punkt: Das Publikumsinteresse. «Wir schauen vor einer Vermietung jeweils, ob die Show in anderen Städten gut läuft», sagt Scharf. Bei Louis C.K. fielen diese Abklärungen positiv aus: «Der Veranstalter, Ahmet Bilge, ist ein Profi», sagt Scharf. Bilge habe auch schon Stand-Up-Comedians erfolgreich ins Parterre gebracht. Ausserdem sei Louis C.K.s Europa-Tour bislang ein Erfolg: «Seine Auftritte sind häufig gut gefüllt oder ausverkauft.»

Wer bestimmt, wo Satire aufhört und Diskriminierung beginnt?

Scharf und seinem Team war bewusst, dass Louis C.K in einen Skandal verwickelt war, ohne genauere Hintergründe zu kennen. Aber Scharf gibt zu bedenken: «Es ist nicht die Aufgabe der MCH Group, zu beurteilen, wo Satire aufhört und Diskriminierung anfängt.» Es gäbe auch immer wieder Leute, die protestieren, wenn SVP-Politiker Christoph Blocher auftrete. Aber: «Wir sind keine ideologische Zensurbehörde.» Und auch kein Spartenhaus, das einen speziellen Stil kuratiere oder einen kulturellen Auftrag erfülle. «Wir sind ein Spiegel der Gesellschaft. Und offenbar gibt es ein Interesse für das Programm von Louis C.K.»

Im Leitbild der Messe steht tatsächlich: «Als privatwirtschaftliches und gewinnorientiertes Unternehmen bekennt sich die MCH Group zu den Grundwerten eines demokratischen Rechtsstaates und einer freien Marktwirtschaft.» Aber auch: «Die Würde des Menschen und der Respekt gegenüber den Werten der verschiedenen Kulturen sind zentrale Grundwerte der MCH Group.»

Inhaltlich hat das Team des Congress Center das Programm nicht angeschaut, sagt Scharf: «Was Louis C.K. genau erzählt auf der Bühne, wissen wir nicht.»

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