«Das war für die Mitarbeitenden sehr anstrengend»

In der Krafft Gruppe von CEO Franz-Xaver Leonhardt ist das Modell der Vier-Tage-Woche gescheitert. Im Interview erklärt er die Gründe dafür, spricht über den Fachkräftemangel in der Gastrobranche und darüber, wie es ihm mit seiner neuen Rolle als Co-Präsident der Basler Mitte-Partei geht.

Franz-Xaver Leonhardt
Franz-Xaver Leonhardt blickt zuversichtlich in die Zukunft.

Die Krafft Gruppe unter CEO und Mitte-Co-Präsident Franz-Xaver Leonhardt hat in den letzten zwei Jahren die Vier-Tage-Woche getestet. Mit wenig Erfolg. Die Arbeitstage seien dadurch zu lang geworden, es gebe Konflikte mit dem Gesetz aufgrund der Nachtarbeitszeiten und das Experiment habe sich finanziell für das Unternehmen nicht gerechnet. Die Krafft Gruppe kehrt mit einem ernüchternden Fazit zurück zum alten, «normalen» System. Bajour hat Franz-Xaver Leonhardt gefragt, wieso genau die Vier-Tage-Woche in seinem Unternehmen gescheitert ist.  

Franz-Xaver Leonhardt, wieso ist die Vier-Tage-Woche in der Krafft Gruppe gescheitert?

Es hat drei Gründe. Erstens sind die Tage anstrengend geworden, wenn man zwölf Stunden arbeiten muss, inklusive einer Stunde Pause und einer weiteren halben Stunde Pause. Das war für die Mitarbeitenden sehr anstrengend. Zweitens gibt es Konflikte mit der Nachtarbeitszeit, die wir hier haben, zum Beispiel am Morgen Frühstück machen, oder am Abend ab zwölf Uhr. Wenn man in die Nachtarbeit reingeht, darf man höchstens neun Stunden am Stück arbeiten. Dann fällt das aus. Und drittens hat es sich finanziell für uns nicht gerechnet. 

Sie haben also die bisherige Arbeitszeit einfach in vier Tage gequetscht. Wieso haben Sie nicht gleichzeitig die Arbeitszeit reduziert?

Das können wir bei uns mit unseren kleinen Margen in unserer Branche leider nicht leisten.

«Wir haben bei uns unterschätzt, dass die Arbeit zu streng ist für so lange Tage.»

von Franz-Xaver Leonhardt, CEO Krafft Gruppe

Was müsste sich denn ändern, damit das Konzept funktioniert?

Wir haben bei uns unterschätzt, dass die Arbeit zu streng ist für so lange Tage. Das wird sich nicht ändern, weil die Arbeit bei uns in nächster Zeit plus minus die gleiche bleiben wird. In der Gastronomie gibt es einfach sehr viel körperliche Arbeit, die man nicht gewohnt ist und bei langer Arbeitszeit auf die Gesundheit geht. 

Waren Sie dann nicht etwas naiv im Vorhinein? Waren diese Probleme nicht absehbar?

Nein, wir haben uns bei der Einführung viele Gedanken gemacht und den Entscheid sorgfältig abgewogen. Damals gab es innerhalb der Branche noch fast keine Praxisbeispiele mit der Vier-Tage-Woche. Es gehört auch zur DNA der Krafft Gruppe, Neues zu wagen und es auszuprobieren. Manchmal klappte es, manchmal auch nicht. Auf jeden Fall helfen die Erfahrungen vom Prozess und bringen uns weiter.

Glauben Sie, das Vier-Tage-Modell würde in anderen Betrieben oder Branchen funktionieren oder haben Sie komplett damit gebrochen?

Ich kann mir gut vorstellen, dass das Modell in anderen Branchen gut funktionieren kann und wird. In der Gastronomie/Hotellerie ist es weniger gut geeignet, ich schliesse aber nicht aus, dass es für einzelne Betriebe gut passt.

«Das gehört zu unserer DNA, dass wir mutig sind, Sachen zu testen, die nicht alle ausprobieren.»

von Franz-Xaver Leonhardt

Haben Sie andere Ideen, wie Sie die Krafft Gruppe flexibler machen können, was die Arbeitszeit angeht?

Ja, da haben wir immer wieder Ideen. Diese Vier-Tage-Woche war ein guter Test. Wir sind froh, dass wir das gemacht haben. Die Erfahrung hätten wir sonst nicht in unserem Rucksack. Wir werden immer wieder Sachen ausprobieren, damit auch unser Unternehmen innovativ bleibt und vorankommt. Das gehört zu unserer DNA, dass wir mutig sind, Sachen zu testen, die nicht alle ausprobieren. Dann haben wir das Wissen und sind erfahrungsreicher.

Spüren Sie den seit Corona verstärkten Fachkräftemangel?

Er hat sich wieder reduziert. In gewissen Bereichen haben wir keinen Mangel mehr. Dort, wo wir Stellen ausschreiben, finden wir wieder Leute. Es gibt Bereiche wie in der Küche oder auf der Teamleiter-Ebene im Restaurant, wo es schwierig ist, Leute zu finden. Da müssen wir einfach fest daran arbeiten. Wir probieren, immer individuelle Lösungen zu finden. Aber der Fachkräftemangel ist bei uns nicht mehr das grosse Thema.

«Wir verdienen eigentlich zu wenig. Da müssen wir mit kreativen Lösungen schauen, dass wir ein fittes und rentables Unternehmen bleiben.»

von Franz-Xaver Leonhardt

Was ist denn die grösste Herausforderung?

In Basel gibt es ein grosses Angebot an Hotelbetten und eine kleine Nachfrage. Das heisst, die Preise sind unter Druck. In der Gastronomie haben wir zudem einen erhöhten Kostendruck und wir können die Preise nicht eins zu eins überwälzen. Das heisst, wir haben ein Margenproblem. Wir verdienen eigentlich zu wenig. Da müssen wir mit kreativen Lösungen schauen, dass wir ein fittes und rentables Unternehmen bleiben. 

Wie schaffen Sie das, wenn Sie eigentlich zu wenig verdienen?

In dem wir bald nötige Reinvestitionen etwas herauszögern und unsere Reserven anzapfen.

Haben Sie Verständnis dafür, dass die Gastro-Branche nicht mehr so attraktiv ist?

Das ist ein altes Thema bei uns. Man sagte immer: «Wer nichts wird, wird Wirt». Damit kämpfen wir. Aber es ist einer der schönsten Berufe, wenn man es gerne macht. Daher müssen wir einfach mit gutem Beispiel vorangehen und ein wenig Werbung in eigener Sache machen. Die Branche überrascht immer wieder. Gastgeber zu sein ist ein sehr erfüllender Beruf. Manche finden es super und wollen die Branche nie mehr verlassen. Es gibt aber auch viele, die die Branche verlassen.

Was sind die Gründe?

Etwa, weil sie adaptivere Arbeitsbedingungen suchen. Wir haben jemanden im Betrieb, die nach einer Schwangerschaft nicht zurückkommt, weil sie in einem staatsnahen Betrieb einfach viel bessere Bedingungen hat. Das verstehen wir auch. 

Franz-Xaver Leonhardt
Leonhardt spürt den Druck und die zusätzliche Arbeitsbelastung seiner Doppelrolle.

Meinen Sie, die Szene würde mit einer Umsatzbeteiligung des Personals attraktiver werden, wie es das teilweise in Zürich gibt? Wäre das etwas für die Krafft Gruppe?

Nein, das machen wir nicht. Es gibt ganz viele Bereiche, die man nicht mit Umsatz generieren kann, zum Beispiel in der Hauswirtschaft oder in der Küche. Wir haben es mal diskutiert, aber das ist nicht in Planung.

Wo sehen Sie denn sonst noch Lösungen, um die Branche attraktiver zu machen?

In der Ausbildung. Wir haben viele Lernende, die wir ausbilden und geben uns da viel Mühe. Es ist ein wenig anstrengend mit jungen Leuten heute, aber ich finde, die Berufsbildung ist ein sehr wertvoller, attraktiver Weg ins Berufsleben. Und das wollen wir fördern. Wir wollen als Unternehmen ein guter Arbeitgeber sein, und ich glaube, wenn man ein guter Arbeitgeber ist, dann kommen auch wieder Leute.

Die Gastro-Branche ist hart. Wieso hat sie Sie noch nicht vergrault?

Weil all die Leute, die bei uns im Unternehmen arbeiten, mir ans Herz gewachsen sind, und weil ich es einfach die schönste Branche finde. Ich fühle mich sehr zu Hause. Ich bin gerne Gastgeber. Jetzt bin ich weniger an der Front, sondern im Unternehmen, aber man kann sehr viel ausprobieren und bewegen. Mit Gastronomie kann man einen Ort sehr schnell verändern, und das finde ich sehr attraktiv. Plus, wenn man etwas gerne macht, dann beisst man auch mal auf die Zähne. Das gehört dazu.

«Der Druck hat ein wenig zugenommen, da weiss ich noch nicht, wie ich richtig damit umgehe.»

von Franz-Xaver Leonhardt

Spüren Sie die Doppelbelastung von Ihrer Rolle als CEO in der Krafft Gruppe und Ihrer neuen Rolle als Co-Präsident der Basler Mitte-Partei?

Das ist jetzt noch eine kurze Zeit. Ich bin ja erst Mitte März gewählt worden. Der Druck hat ein wenig zugenommen, da weiss ich noch nicht, wie ich richtig damit umgehe. Das prägt ein bisschen mein Leben, dass ich gewisse Sachen annehme und noch nicht genau weiss, was auf mich zukommt. Das fordert mich heraus und hält mich fit und dynamisch. Aber es ist ein zusätzlicher Druck, eine zusätzliche Arbeitsbelastung, die da ist. Manchmal geht es besser und manchmal hadere ich mit diesem Entscheid, aber es macht mir Freude und ich lerne sehr viel.

Sind Sie zuversichtlich, dass Sie die unterschiedlichen Herausforderungen erfolgreich unter einen Hut kriegen?

Mir ist wichtig, dass ich gesund bleibe. Ich glaube, das ist eine Grundvoraussetzung. Aber natürlich bin ich zuversichtlich. Wir sind ein Co-Präsidium, daher ist die Last auf verschiedene Schultern verteilt. Wir haben auch in der ganzen Parteileitung und in der Geschäftsleitung verschiedene Personen, die mithelfen. Auf was für ein Abenteuer wir uns eingelassen haben, können wir dann nach der ersten Grossratswahl sagen. Aber ich bin zuversichtlich, dass ich das packe. 

Herz Stern
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