«Philosophisch liegt Rassismus im Auge des Betrachters»

Im Nachgang zur turbulenten Vorstandssitzung der Jungen SVP äussert sich Demi Hablützel, Präsidentin der JSVP Basel-Stadt, zur geforderten Abgrenzung der Partei zum Rechtsextremismus und zu problematischen Begriffen.

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Demi Hablützel fordert, sich von rechtsextremen Gruppierungen abzugrenzen.

Demi Hablützel, fühlen Sie sich noch wohl als Mitglied der JSVP?

Ich mache Politik in Basel und weiss, für welche Werte ich einstehe und welche ich nach aussen vertrete. Gerade in Basel setzt sich die Partei stark für die Sicherheit ein und setzt einen Schwerpunkt auf Kriminalität und Ausländerpolitik. Das sind unter anderem Themen, in denen ich mich wie auch bei Wirtschaftsthemen sehr gut von der (J)SVP vertreten fühle.

Nach der Vorstandssitzung der JSVP diskutieren Sektionen nun die Abspaltung von der Partei. Wie haben Sie die Vorstandssitzung wahrgenommen? 

Zu internen Belangen möchte ich mich nicht äussern.

Werden Sie nun nach dem Wochenende Konsequenzen ziehen?

Wie gesagt, zur internen Diskussionen sage ich aktuell nichts.

Eklat in der JSVP

Im Anschluss an die Vorstandssitzung der JSVP steht die Stimmung auf Sturm. Gemässigte Sektionen hatten im Vorfeld der Sitzung eine Diskussion über die Distanzierung von der rechtsextremen Jungen Tat und über die Personalie Sarah Regez gefordert. Eine Diskussion mit anschliessender Abstimmung über die Anträge fand aber nicht statt. Einige Sektionen werden nun parteiintern beraten, wie sie mit der Situation umgehen werden. Einige von ihnen erwägen sogar, sich abzuspalten. 

Und wie stehen Sie zur Partei, wenn es zur Nähe der rechtsextremen Jungen Tat geht? Wäre nicht eine klare Distanzierung angesagt?

Man darf innerhalb der JSVP verschiedene Meinungen und andere Ansichten haben. Diese müssen aber immer in einem demokratisch legitimierten Rahmen sein. Wir sind eine Partei, die den Rechtsstaat befürwortet. Von rechtsextremen Gruppierungen wie zum Beispiel der Jungen Tat muss sich die Partei meiner Meinung nach stark abgrenzen und eine klare Linie ziehen. Genau das Gleiche erwarte ich aber auch von den linken Parteien. Für diese Belange habe ich mich in Basel immer wieder eingesetzt, ganz unabhängig von der aktuellen Debatte. Es ist mir sehr wichtig, dass sich die Partei von (Rechts)extremismus distanziert. 

Wird das Thema in der JSVP im Moment ausreichend diskutiert?

Der Austausch ist da. Es ist sicher wichtig, dass wir uns auch mit anderen Sektionen zu dem Thema auseinandersetzen. Jeder Kanton hat vielleicht eine andere Problematik und Sichtweise auf die Dinge. Zur Diskussion zwischen den Sektionen JSVP CH und der Parteileitung äussere ich mich aktuell aber nicht.

«Der Begriff Remigration hat für mich ganz klar extremistische Tendenzen.»

Demi Hablützel, Präsidentin der JSVP Basel

Reicht es denn, wenn sich einzelne Sektionen von der Parteispitze distanzieren oder müsste es mehr Geschlossenheit geben?

Meine Meinung ist da ganz klar, das habe ich in den vergangenen Wochen immer wieder deutlich gemacht. Darauf möchte ich jetzt nicht erneut eingehen. Schlussendlich aber finde ich wichtig, dass jede Sektion für sich den richtigen Weg findet. Aus meiner persönlichen Sicht finde ich eine geschlossene Haltung wichtig, aber ich kann nur für meine Sektion Basel sprechen.

Sie sagen, dass extremistische Ideologien in Ihrem Werteverständnis keinen Platz haben. Wo liegt denn für Sie die Grenze zum Extremismus?

Alle Aktionen oder Äusserungen, die nicht mehr im Bereich des Legalen sind, dürfen nicht geduldet werden. Erlaubt ist, was innerhalb des Rechtsstaats akzeptiert ist. Alles, was das Demokratieverständnis untergräbt, ist jenseits der Grenze.

Wie stehen Sie zum Begriff Remigration?

Der Begriff Remigration hat für mich ganz klar extremistische Tendenzen. Er hat in meinem Demokratieverständnis nichts zu suchen. Wir von der SVP vertreten die Meinung, dass kriminelle Ausländer, die illegal in der Schweiz sind, ausgeschafft werden sollen. Was wir fordern, ist eine konsequente Anwendung unserer Gesetze. An diese Forderung halten wir uns konsequent. Remigration geht mit seiner Historie und seinem Werteverständnis aber klar zu weit. 

2024-05-07 Frage des Tages JSVP Kopie-3
Frage des Tages

Die Junge SVP kommt nicht zur Ruhe: Die Debatte rund um die Nähe der Jungpartei-Spitze zu rechtsextremen Gruppen und Inhalten sorgen für reichlich Sprengstoff. Wir möchten daher in der Frage des Tages von unseren Leser*innen wissen, was sie von einer Abspaltung der JSVP Basel von der JSVP Schweiz halten.

Diskutiere mit

«Es ist wichtig, nicht alles zu sehr zu sensibilisieren.»

Liegt Rassismus noch im Rahmen des vertretbaren politischen Spektrums der SVP oder ist er rechtsextrem? 

Philosophisch liegt Rassismus im Auge des individuellen Betrachters. Gesetzlich ist es aber definiert und steht unter Strafe. Daran halte ich mich – für mich ist klar: Wenn jemand aufgrund von seiner Herkunft oder ethnischer Merkmale diskriminiert und damit eine ganze Gruppe eingeschlossen wird, geht es zu weit. Viele Dinge können auch unterschiedlich ausgelegt werden. Mir ist aber dennoch wichtig, dass wir weiterhin Sachen ansprechen dürfen. Wenn die SVP sich auf die Kriminalstatistik beruft, unterstütze ich das. Das hat aus meiner Sicht nichts mit Rassismus zu tun.

Darf man zum Beispiel das Herkunftsland von Kriminellen benennen?

Das ist korrekt, wenn man diese Behauptung aufgrund von Statistiken und Fakten belegen kann. Man muss weiterhin Dinge beim Namen nennen dürfen. Es ist wichtig, nicht alles zu sehr zu sensibilisieren. Sonst müssen wir bei allem, was wir sagen, plötzlich Angst haben, ob es korrekt ist. Diese Problematik ist in der letzten Zeit immer mehr aufgekommen. Aber natürlich bin ich auch dafür, dass man sich gut überlegt, was man sagt und sich mit Respekt äussert. Die Kriminalstatistiken zeigen klar auf, wo die Probleme liegen und woher die Täter stammen. Das muss genannt werden, um es lösen zu können.  

«Mein Einfluss beschränkt sich auf die Sektion in Basel.»

Ein Beispiel einer Grenzüberschreitung war die Anti-Gender-Initiative mit dem Monster-Plakat, das antisemitische Züge trug. Regez hat die Kampagne initiiert und die Kritik daran negiert. Ist dieses Plakat für Sie im Rahmen oder ein No-Go?

Ich muss zugeben, dass ich das Plakat nicht wirklich vor Augen habe. Daher kann ich mich im Moment nicht konkret dazu äussern. Ich sage aber immer, dass Plakate grundsätzlich dazu da sind, Aufmerksamkeit zu erregen. Aber es ist immer sehr subjektiv, wie das Plakat wahrgenommen wird und ob es gefällt. 

Warum gelingt es der Partei nicht, sich klar gegen Rechtsextremismus abzugrenzen? 

Es ist immer ein schwieriger Grad. Mir ist bewusst, dass einzelne Personen in den Medien im Fokus sind, weil sie sich nicht ausreichend abgrenzen. Das möchte ich gar nicht schönreden. Es handelt sich aber um Einzelpersonen und ich finde es nicht korrekt, die gesamte SVP oder die JSVP zu verurteilen. Wir in Basel sind auch gar nicht involviert in diese Debatten oder Kampagnen. Gewisse Dinge innerhalb der Partei kann man nicht verallgemeinern. Es ist nicht immer alles schwarz-weiss. Innerhalb der SVP gibt es viele unterschiedliche Meinungen und das ist auch gut so. Wenn es um unsere Sektion in Basel oder um meine persönliche Meinung geht, dann mache ich meine Haltung klar.

Glauben Sie, das genügt, um die Vielzahl von grenzüberschreitenden Fällen (z. B. Rassismus-Urteil gegen Fiechter, Fotos mit Rechtsextremen im Nationalrat, die Causa Regez, Andreas Glarner, der Rechtsextremist genannt werden darf) wett zu machen? Es ist leicht, von Einzelfällen zu sprechen.

Es ist nicht meine Aufgabe einzelne Vorfälle öffentlich zu kommentieren, welche nichts mit meiner Person oder meiner Sektion zu tun haben. Aber es sind Einzelfälle. Und diese sind natürlich für die Medien immer sehr spektakulär. Ich folge und identifiziere mich mit dem Parteiprogramm der SVP, die seit Jahrzehnten aus guten Gründen die wählerstärkste Partei der Schweiz ist! Mein Einfluss beschränkt sich auf die Sektion in Basel, ich bzw. wir, die JSVP BS, haben unsere Haltung bereits öfter klar gemacht und so auch heute wieder.

«Ich bin überzeugt, dass die Mutterpartei diese Thematik ernst nimmt und bei Bedarf – intern – einschreiten würde.»

Ramon Hug, Präsident der Jungen SVP Aargau, hat gesagt, die Junge Tat spreche inhaltlich die exakt gleichen Inhalte an wie die JSVP. Hat er recht?

Die Aussage von Ramon Hug möchte ich nicht kommentieren. Ich möchte auch der Jungen Tat gar nicht zu viel Aufmerksamkeit schenken. Wichtig ist aber: Auch wenn wir gleiche Themen ansprechen, haben wir sicher nicht die gleichen Ziele, Absichten und auch nicht den gleichen Inhalt wie die Junge Tat.

Glauben Sie, dass die Debatte um Abgrenzung gegen Rechtsextremismus auch innerhalb der Mutterpartei SVP noch geführt werden wird? 

Das weiss ich nicht, dazu kann ich nichts sagen.

Würden Sie sich wünschen, dass das noch passiert?

Ich bin überzeugt, dass die Mutterpartei diese Thematik ernst nimmt und bei Bedarf –intern – einschreiten würde.

Wie geht es jetzt weiter? Kommt es nun zum grossen Bruch innerhalb der Jungen SVP? 

Wir sind eine Partei, und auch wenn es in der Vergangenheit immer mal wieder Diskussionen gab, haben wir alle das gleiche Ziel. Wir wollen für unsere Werte einstehen. Wie die Diskussion sich weiterentwickelt, das werden wir sehen. Ich werde aber sicher weiterhin für meine Werte einstehen und mich für unsere Ziele in Basel einsetzen.

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