Ein Megafon für lokale Mode

In Basel gibt es Festivals für Kunst, für Musik, für Theater – für lokale Mode gibt es das nicht. Findet der Basler Verein Sondershop. Und stellt darum kurzerhand einen eigenen Markt auf die Beine. Am Samstag ist Premiere.

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Sebastian Day, 25, will mit einem Team eine Bühne für Basler Mode auf die Beine stellen. (Quelle: Daniel Faulhaber)

Sebastian Day hat nicht viel Zeit in der Woche vor der grossen Show. Mit neun anderen Menschen arbeitet er «gefühlt rund um die Uhr» an einem Basler Modemarkt, der lokalen Designer*innen eine neue Plattform schaffen soll. Der «Sondershop3000» wird am Samstag, den 7. Mai, in der Llos Halle am Bahnhof St. Johann über die Bühne gehen und wenn es nach Sebastian Day und seinen Mitstreiter*innen geht, weiss Basel danach mehr über die lokale Modeszene als zuvor.

Day, 25 Jahre alt, weisses T-Shirt mit Wolfprint, kurzer Haarschnitt, Ohrringe sagt: «Ich hasse Trends. Was heute in ist, wird morgen schneller weggeworfen.» Er interessiert sich trotzdem für Mode und hat darum Im Sommer 2021 eine temporäre Ladenfläche in der Steinenvorstadt gemietet. Das Geld für die Miete kam vom Kulturkick der GGG sowie aus einem Crowdfunding und die Idee stiess sofort auf grosse Resonanz, sagt Day.

«Wer etwas mit Mode macht, wer häkelt, strickt, siebdruckt oder sonst mit Textilien arbeitet, konnte in diesem Laden seine Sachen für eine Woche ausstellen und verkaufen», erzählt Day. Den Ertrag durften die Gäste behalten, die Miete war gratis. «Für vier Monate war der Laden jede Woche mit einer*einem neuen Mieter*in belegt. Das hat mir gezeigt, dass es da draussen Leute gibt, die sich zwar keine Verkaufsfläche leisten können, aber nach einer Plattform für ihre Produkte suchen.

Austausch in zwei Richtungen

Der Sondershop, wie dieser Laden in der Steinenvorstadt schon damals hiess, wollte ein Schaufenster sein. In Basel gibt es Plattformen für viele Disziplinen – Day nennt das Jugendkulturfestival für Musik oder das Festival Treibstoff für Theater als Beispiel – aber für Mode fehlt so eine Bühne, sagt Day. Es gebe höchstens punktuelle Anlässe wie den Catwalk auf der Feldbergstrasse, der 2008 von der Boutique Riviera ins Leben gerufen wurde und seither in unregelmässigen Abständen stattfindet.

Diese fehlende Bühne führt dazu, dass viele junge Menschen mit einer Ausbildung in Mode und Design früher oder später den Beruf wechseln. Oder in andere Städte ziehen, wo sie sich mehr Erfolg erhoffen, sagt Day, der selber am Hyperwerk studiert. Die übrigen Mitglieder des Vereins Sondershop studieren Kunst oder visuelle Kommunikation an der Hochschule für Gestaltung und Kunst. 

Jetzt soll es also einen neuen Magnet geben, oder wie Day es eben nennt, ein «Megafon» für Schmuck und Textilkunst. Die Organisator*innen erhoffen sich eine Wirkung in zwei Richtungen.

Einerseits soll das Publikum etwas über den lokalen Markt lernen. Es geht darum, die Vielfalt der Künstler*innen abzubilden (unter diesem Post auf Instagram sind die Teilnehmer*innen aufgelistet) und einen direkten Kontakt mit dem Publikum herzustellen. Wie auf dem Marktplatz eben. Ein Stand will explizit den Wert nachhaltiger Mode thematisieren. Es sollen Performances und Workshops stattfinden.

Auf der anderen Seite erhoffen sich Day und sein Team eine Wirkung nach innen, also in die «Szene» hinein, wenn man angesichts der versprengten Vielfalt überhaupt von «Szene» sprechen kann. «Die Modeindustrie gilt als hartes Pflaster. Als Ellbogenbusiness», sagt Day. «Wir wollen eine neue Stimmung kreieren, die wegkommt von diesem vergifteten Gegeneinander. Es soll ein gemeinsames Gefühl entstehen, das unterstützend ist und nicht ausgrenzend.»

Fragen direkt aus der Vogue für Sebastian Day: Ist Basel eine modische Stadt? Day lacht. «Ich würde sagen, in Basel kann jede*r tragen, was gerade da ist.» Das sei gut, findet Day. Seine Idee zielt nicht so sehr auf einen «Basel Style», der dann in Zürich oder Genf Schule macht. Sondern mehr auf eine Art modischer Identität, die darauf baut, lokal produziert zu sein.  

Der Sondershop von kommendem Samstag ist ein Pilotprojekt. Das Geld für die Miete kommt wieder vom Kulturkick, sowie von der Jugendkulturpauschale. Ein Honorar gibt es nicht, weder für die Organisator*innen noch für die Aussteller*innen, dafür ist die Miete für die Stände gratis. Day hofft, dass sich der Sondershop mittelfristig etablieren kann. Damit ein Basler Modefestival dereinst so selbstverständlich in den Basler Kulturkalender gehört wie Musik oder Theater.

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