Wie war dein LSD-Trip?

Seit 80 Jahren nehmen Menschen auf der ganzen Welt die bewusstseinserweiternde Droge LSD. Zum Jubiläum haben wir verschiedene Leute nach ihren Erfahrungen mit LSD gefragt. Dies sind ihre Geschichten.

LSD Trip
Ein LSD-Trip fühlt sich für jeden Menschen unterschiedlich an. (Quelle: Unsplash)

Im April 1943 entdeckte der Chemiker Albert Hofmann in seinem Labor in Basel die halluzinogene Wirkung von LSD. Seither versetzen Menschen auf der ganzen Welt Körper und Geist mit der Droge in andere Zustände. Was man dabei empfindet, erlebt jede*r ein wenig anders – im Positiven oder Negativen – das zeigen die folgenden Erfahrungsberichte.

Sebastian, 29

Ich nehme regelmässig LSD, im Schnitt einmal pro Jahr. LSD hilft mir, Klarheit in bestimmte Dinge zu bekommen. Konkret fallen mir zwei Erlebnisse ein, die für mich besonders eindrücklich waren. Bei beiden Trips war ich mit meiner Frau unterwegs.

Im Sommer 2021 waren wir in den Ferien am Meer und haben tagsüber LSD genommen. Irgendwann bin ich ins Wasser und rausgeschwommen. Ich war schon ein Stück vom Strand entfernt, als eine Stimme in meinem Kopf gesagt hat: «Schwimm nicht so weit raus, das ist gefährlich» – wie es meine Eltern zu mir als Kind immer gesagt haben. Ich habe dann einen Moment inne gehalten und mir ist aus einer Erwachsenenperspektive klar geworden, dass das gar nicht meine Stimme, sondern die meiner Eltern ist in meinem Kopf.

Dabei wurde mir klar, dass ich oft und in vielen Situationen zu ängstlich bin. Ich bin dann noch ein Stück weiter rausgeschwommen und es hat sich gut angefühlt. Seit dieser Erfahrung kann ich rationaler auf meine Ängste blicken.

«Aus einer Erwachsenenperspektive ist mir klar geworden, dass das gar nicht meine Stimme sondern die meiner Eltern ist in meinem Kopf.»

Sebastian, 29, nimmt regelmässig LSD

Die zweite einschneidende Erfahrung war etwa ein Jahr später. Diesmal kam die Erkenntnis, als ich schon am Runterkommen war. Meine Frau hat sich irgendwann schlafen gelegt und ich habe mich noch eine Weile ins Wohnzimmer gesetzt. Ich hatte zu der Zeit oft Probleme beim Einschlafen und habe deshalb viel gekifft. Ich konnte und wollte mir bislang aber nicht eingestehen, dass ich wirklich ein Problem habe, das ich angehen muss. Bis zu diesem Moment.

Plötzlich ist es mir wie Schuppen von den Augen gefallen und wurde mir völlig klar. Noch am selben Abend habe ich eine Liste geschrieben mit Ritualen, die mir beim Einschlafen helfen. Seither trage ich nachts zum Beispiel immer einen Pyjama anstatt wie davor einfach die Boxershorts, die ich tagsüber schon anhatte. Generell gehe ich bewusster mit meiner Schlafroutine um und schlafe seither besser.

Das Krasse für mich war, mir einzugestehen, dass ich ein Problem habe. Ich bin eigentlich ein sehr reflektierter Mensch, meditiere viel und lebe bewusst. Dennoch komme ich durch LSD immer wieder an «Blind Spots» und erkenne Eigenschaften oder Verhaltensmuster an mir, die mir ohne Acid nicht bewusst geworden wären.

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Was ist LSD und wie wirkt es?

LSD, die Abkürzung von «Lysergsäurediethylamid», ist ein synthetisches Lysergamid. Es gehört zu den Psychedelika und gilt als eines der stärksten Halluzinogene. Bereits kleinste Mengen können das Bewusstsein verändern. Anders als die meisten anderen Drogen hält die Wirkung von LSD mit bis zu zwölf Stunden sehr lang an. Auf dem illegalen Markt wird LSD in Form von kleinen «Pappen», oder als Pillen verkauft. Der Wirkstoff kann – wie bei allen illegalen Drogen – stark schwanken.

Celine, 27

Meinen ersten und bislang einzigen Trip habe ich nicht so gut in Erinnerung. Ich war mit Freund*innen in den Bergen und eigentlich hat alles gepasst: Es war mega schönes Wetter, wir waren alle ausgeschlafen und gut auf den Trip vorbereitet.

Ungefähr eine Stunde nachdem wir das LSD genommen haben, spürte ich erste Veränderungen in meiner Wahrnehmung. Plötzlich habe ich in den Bergen Gesichter gesehen und alles, was ich angeschaut habe, passte sich dem Beat der Musik an. Wir hatten es sehr lustig untereinander und haben viel gelacht.

Irgendwann hat sich in mir aber das Gefühl breit gemacht, dass ich eigentlich gar nicht wirklich dazugehöre und überflüssig bin in dieser Gruppe. Ich habe mich dann immer mehr zurückgezogen und je ruhiger ich wurde, desto intensiver wurden diese Gedanken. Als Kind habe ich mich oft ausgeschlossen gefühlt und hatte das Gefühl, nirgends wirklich dazuzugehören. In dem Moment habe ich genau dieses Gefühl von damals gespürt. Es war, als wäre ich die 12-jährige Version meiner Selbst.

«Irgendwann hat sich das Gefühl breit gemacht, dass ich eigentlich gar nicht wirklich dazugehöre und überflüssig bin in dieser Gruppe.»

Celine, 27, nahm einmal LSD

Ich hatte Angst, meine Gedanken zu teilen und ständig das Gefühl, etwas in mir zurückhalten zu müssen. Das war anstrengend und hat sich sehr bedrückend angefühlt. Als die Wirkung nachgelassen hat, war ich froh. Ich weiss nicht, ob es an der Therapie liegt, die ich seit einiger Zeit mache, oder am LSD – vielleicht ein bisschen an beidem. Aber ich glaube, dass ich seit diesem Erlebnis bewusster mit meinen Beziehungen umgehe und mich gezielter frage, mit welchen Menschen ich welche Art von Beziehungen eingehen will.

Das wurde mir aber erst mit der Zeit bewusst. Ich schliesse nicht aus, irgendwann nochmal LSD zu nehmen. Ich würde aber mehr darauf achten, mit wem. Ich glaube, dass man bereit sein muss, alles, was während einem Trip in einem hochkommt, zu teilen.

LSD Trip
Von Horrortrip bis absolute Ekstase: LSD-Trips haben viele Formen. (Quelle: Unsplash)

Christian, 26

Ich war letzten Sommer mit ein paar Freund*innen in den Bergen, um LSD zu nehmen. Ich weiss noch, dass ich während des Trips ein Brot gebacken habe, das mich völlig fasziniert hat. Wie es schmeckte, die Konsistenz … Ich war noch nie so begeistert von einem Stück Brot.

Nach den ersten paar Stunden sind wir im Wald spazieren gegangen und an einen Bach gekommen. Das Geräusch vom Wasser hat sich in meiner Wahrnehmung zu einem Song entwickelt. Das war total faszinierend. Irgendwann habe ich nichts anderes mehr wahrgenommen als die Geräusche vom Wasser.

Ich habe schon öfter LSD genommen und glaube, dass es mir gut tut. So ein Trip ist aber immer auch sehr anstrengend, weil er lang geht. Das muss einem bewusst sein. Wenn es mir während einem Trip mal zu viel wird, versuche ich mich, auf die Natur zu konzentrieren. Das beruhigt mich.

Lina, 20

Ich habe schon mehrmals LSD genommen und die meisten Trips in guter Erinnerung. Einer ist mir dabei besonders im Kopf geblieben: Wir waren bei meinem damaligen Freund zuhause und haben das LSD zusammen mit anderen Freund*innen genommen. Mein Freund und ich sind irgendwann in sein Zimmer gegangen und haben ganz viele Kerzen angezündet. Das sah wunderschön aus, wie ein riesiges Lichtermeer.

Wir hatten dann unglaublich schönen Sex. Normalerweise haben wir nicht so langsamen und soften Sex, aber in diesem Moment hat sich das total richtig und gut angefühlt. Ich habe mich danach mit anderen Freund*innen ausgetauscht, die auch schon Sex auf LSD hatten. Nicht alle haben diese Erfahrung so überwältigend in Erinnerung wie ich.

Ich denke, dass das daran liegt, dass wir zu dieser Zeit schon seit mehreren Jahren in einer Beziehung waren und uns auch so sehr nahe standen. Das LSD hat dieses Gefühl einfach noch unglaublich verstärkt.

LSD Trip
Die Wirkung von LSD kann bis zu zwölf Stunden anhalten. (Quelle: Unsplash)

Antonio, 33

Mein erstes und einziges Mal LSD habe ich auf einem Festival genommen und es war der Horror. An jenem Morgen war ich total übermüdet, weil ich die ganze Nacht wach war. Ich habe an diesem Wochenende schon eine Menge anderer Drogen und Alkohol konsumiert. Wie es dazu kam, dass ich LSD nahm, weiss ich gar nicht mehr genau.

Irgendwie bin ich über den Zeltplatz gelaufen, als mich ein paar Leute, die ich aber nicht kannte, eingeladen haben, mit ihnen LSD zu nehmen. Ich habe dann so einen Filz geschluckt (ich glaube es war viel zu viel) und bin weitergelaufen. Rund eine Stunde später ist die Wirkung eingefahren.

Am Anfang hat sich meine Wahrnehmung ein bisschen verändert, ich habe die Farben intensiver gesehen und die Gesichter von den Menschen sahen komisch aus, irgendwie total verzerrt. Ich war aber auch völlig verpeilt und kaum in der Lage, mein Handy zu bedienen.

Es hat eine Ewigkeit gedauert, bis ich meine Leute gefunden habe. Als ich auf unseren Zeltplatz kam, ist mir schon ein Freund entgegengelaufen: «Wo warst du? Und was ist los mit dir?» Ich habe ihnen erzählt, dass ich gerade LSD genommen habe, als ein anderer Freund völlig entgeistert meinte: «Was? Bist du verrückt?» Da habe ich zum ersten Mal Angst bekommen. Meine Freund*innen hatten alle noch nie LSD genommen und wussten nicht, wie sie mit mir umgehen sollten. Sie haben mir Vorwürfe gemacht und mich behandelt, als sei ich völlig neben der Spur.

«Ich wollte einfach nur, dass es vorbei ist.»

Antonio, 33, will nie mehr LSD nehmen

Je länger das ging, umso schlechter ging es mir. Ich habe mich dann irgendwann ins Zelt gelegt, was sich aber total erdrückend angefühlt hat. Gleichzeitig konnte ich aber auch nicht unter Leute, weil ich totale Paranoia hatte. Ich hatte die ganze Zeit das Gefühl, alle schauen mich an.

Das Problem war, dass ich mich nirgends zurückziehen konnte. Ich wollte einfach nur, dass es vorbei ist. Irgendwann habe ich mich auf eine Wiese etwas abseits gelegt. In diesem Moment habe ich mich sehr einsam und allein gefühlt. Der Trip hat ewig gedauert, bestimmt 13 Stunden. Ich hatte keine Ahnung, dass das so lang geht. Seit diesem Tag habe ich immer wieder Anflüge von Panikattacken. Ich werde in meinem Leben sicher kein LSD mehr nehmen.

Flavio, 40

Ich habe bisher einmal in meinem Leben LSD genommen. Das war vor etwa zehn Jahren und für mich ein wirklich einschneidendes Erlebnis. Ich war neugierig und wollte es einfach Mal ausprobieren.

Mir ging es zu der Zeit nicht besonders gut. Mein Vater ist früh gestorben und ich habe mit meinem Bruder die Firma übernommen, obwohl wir beide das eigentlich gar nicht wollten. Zudem war ich in einer unglücklichen Beziehung und hatte mit Depressionen zu kämpfen.

«Es hat sich so angefühlt, als ob ich zum ersten Mal meinem wirklichen Ich begegnet wäre.»

Flavio, 40, schliesst einen zweiten Trip nicht ganz aus

Ich war zuhause, als ich das LSD nahm. Am Anfang ging es mir noch gut, meine Wahrnehmung hat sich ein bisschen verändert, ich habe mich und meine Umgebung intensiver wahrgenommen. Nach ein paar Stunden ist das aber gekippt und ich bin total in meinen Gedanken hängen geblieben.

Mir wurde plötzlich bewusst, dass ich mich ständig selbst belüge; im Job, in der Beziehung, generell im Leben. Je länger sich der Trip gezogen hat, desto intensiver wurden diese Gedanken. Das war zwischendurch schon sehr anstrengend und nicht einfach für mich. Gleichzeitig habe ich aber auch das andere, das wirkliche Ich in mir entdeckt und es hat sich so angefühlt, als ob wir uns zum ersten Mal begegnet wären.

Als die Wirkung nach etwa acht Stunden nachgelassen hat, war ich froh, weil es wirklich anstrengend war. Das LSD hat mir geholfen, mein Leben in vielen Bereichen so zu verändern, dass es mir besser geht, weil ich seit dem Trip besser weiss, wie ich funktioniere. Das ist mir aber erst nach einer Weile bewusst geworden.

Heute führe ich ein sehr glückliches Leben. Ich hatte seither nicht mehr das Bedürfnis nach einem zweiten Trip. Ich würde aber nicht ausschliessen, dass das für immer so bleibt.

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  • Erste Hilfe im Drogennotfall bekommst du unter der allgemeinen Notrufnummer 144.
  • Hast du negative Gedanken und möchtest mit jemandem reden, hilft die Dargebotene Hand anonym unter 143.
  • Beratung und Anlaufstellen zum Thema Drogensucht findest du bei der Suchthilfe.
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    Hier findest du Kontakte der Suchthilfe Basel.
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